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Zwischen Familienarbeit, Job und Work-Life-Balance: Die von uns sehr geschätzte Bloggerin Kafi Freitag stellt uns ihren jüngsten Blog-Text aus der Rubrik «Frag Frau Freitag» zur Verfügung. Weil er so wunderbar zum Eltern-Dasein passt. Vielen Dank!
«Das ist für viele eine Provokation»
«Hallo Kafi. Ich arbeite 50 Prozent auswärts und mache den Haushalt meiner Familie (Partner und zwei erwachsene Söhne in Ausbildung ). Ich fühle mich dabei total wohl und schätze, dass ich nicht vollzeitlich arbeiten muss. Nun meine Frage: Ich werde oft von Frauen angesprochen, ob ich nicht mehr arbeiten möchte. Dann beschleicht mich ein schlechtes Gewissen, ich könnte faul sein. Warum vermiese ich mir meine super Work-Life-Balance von wahrscheinlich neidischen Frauen?» Nina, 46
Liebe Nina
Mit 46 sind Sie ungefähr in der Mitte Ihres Lebens angelangt. Das ist ein sehr guter Zeitpunkt, um sich darüber klar zu werden, wem man es genau recht machen möchte. Den anderen Frauen, der Mutter, der Schwiegermutter, der Gesellschaft, den Nachbarn oder doch eher sich selber?
Egal, welches Modell Sie leben, ob Sie 100 Prozent arbeiten oder 0 Prozent, es wird immer jemanden geben, dem das nicht passt. Oder der – wie Sie übrigens ganz richtig vermuten – neidisch auf Sie ist. Nicht alle können es sich leisten, nicht voll zu arbeiten. Und selbst die, die es sich leisten könnten, können es sich selber vielleicht nicht gönnen.
Ich beobachte oft, wie Menschen sich mit anderen vergleichen und messen und dann, anstatt an sich selber zu arbeiten und sich zu entwickeln, andere abwerten. Es ist halt einfacher und kostet weniger Kraft. Erst kürzlich habe ich eine ähnliche Dynamik beobachtet bei einer Bekannten, die sehr konsequent ihre Träume lebt und das tut, was ihr Freude bereitet, und das dann auch noch mit ihren Mitmenschen teilt. Es ging nicht lang, und sie wurde vordergründig sachlich kritisiert und hinterfragt. Dabei war es mehr als augenscheinlich, dass es nur darum geht, dass da jemand ist, der sich verwirklicht und sich nicht um Konventionen kümmert. Der sich streckt und Dinge tut, die andere nicht zu denken wagen. Das ist für viele eine Provokation, weil es einem deutlich macht, dass man es selber nicht tut. Das ist schmerzhaft und viele können damit nicht souverän umgehen und dazu stehen, dass sie das auch gerne so tun würden.
Aber das ist nicht Ihr Problem, sondern das der anderen. Leben Sie Ihr Leben und bleiben Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit und Ihrer Energie ganz nah bei sich. Hinterfragen Sie Ihre eigene Haltung, denn die ist dafür verantwortlich, ob Sie sich verunsichern lassen oder nicht. Erst wenn Sie selber voll davon überzeugt sind, dass es Ihnen zusteht, werden Sie solchen Fragen mit Leichtigkeit begegnen. Und es kann sogar sein, dass diese dann nicht mehr gestellt werden. Wir Menschen sind sehr feinstoffliche Wesen, und Ihre Umgebung spürt, wenn Sie eine Unsicherheit haben. Menschen, die mit sich selber im Einklang sind, werden diese Unsicherheit nicht ausnutzen. Aber die wenigsten Menschen sind mit sich im Reinen, und darum wird diese Kerbe immer gern von anderen genutzt.
Anstatt in die Verteidigungshaltung zu gehen und sich gute Antworten bereit zu legen, sollten Sie besser an sich selbst und Ihrer eigenen Selbstverständlichkeit arbeiten. Sobald Sie in dieser gefestigt sind, werden diese Fragen kein Thema mehr für Sie sein.
Von Herzen, Ihre Kafi
Kafi Freitag führt eine Praxis für prozessorientiertes Coaching in Zürich und und gibt unter ihrem eigenen Label Tribute Workshops und Seminare für Frauen. Zudem bloggt sie für Frauen zu verschiedenen Themen. In ihrem Blog «Frag Frau Freitag» etwa beantwortet sie die drängenden Fragen ihrer Leserschaft. Kafi ist Mutter eines Sohnes im Teenager-Alter.