Wie beeinflusst die ewige Pandemie-Zeit heranwachsende Kinder und Jugendliche? Zu dieser Frage gibt es mittlerweile Dutzende Studien. Neben negativen Auswirkungen stellt Jakob Bächtold als Vater bei seinen drei Kindern auch erfreuliche Long-Covid-Skills fest. Text und Bild von Jakob Bächtold

Kürzlich am Frühstückstisch. Zwischen zwei Löffeln Corn Flakes fragt eine Tochter: «Papa, isch das möglich, dass mini Ohre wäg de Maske andersch wachsed?» Wie bitte? Nein, das ist unmöglich, antworte ich ohne viel zu überlegen. So schnell geht das nicht. «Schnäll?! Ich han jetzt dänn scho zwei Jahr fascht jede Tag e Maske a!»

Tatsächlich verunsichert ein zweiter Blick auch mich: Stehen die Ohren nun wirklich mehr ab als früher? Ist das Maskenohr eine Form von Long-Covid? Und grundsätzlicher: Was verformt die Pandemie denn sonst noch alles bei heranwachsenden Kindern?

Die Tochter einer Kollegin ist gerade vier Jahre alt geworden. Das Kind kennt schon sein halbes Leben lang nichts anderes als Corona-Alltag. Dass die Pandemie-Zeit eine grosse Belastung für die Kinder ist, belegen mittlerweile Dutzende Studien.

Da man sich als Eltern aber nicht nur immer Sorgen machen kann, hier mal ein Blick auf die andere Seite der Pandemie-Medaille: Es gibt viele Dinge, die die Generation Corona besser kann als ihre Vor- und Nachfahren. Eine Beispielliste mit fünf Punkten:

  1. WHO-zertifiziertes Händewaschen. Auch daran kann man sich kaum zurückerinnern. Vor Corona wischten sich die Kinder trotz aller guten Elternratschläge die Hände oft nur am Hosenboden ab.
  1. Medizin-Experten-Wissen. Die Corna-Jugend macht Selbsttests so selbstverständlich wie man sich die Zähne putzt. Zumindest meine Kinder können praktische Medizin längst besser als ich. («Kei Panik, Papa! Das isch nur’s Kontrollstrichli.») Die Anzeige auf dem Teststreifen lernten frühere Generationen erst fünf bis zehn Jahre älter kennen – mit dem Schwangerschaftstest.
  1. Statistik-Lesen für Fortgeschrittene. Falls Sie bei einer Corona-Grafik wieder einmal nicht drauskommen oder nicht wissen, was Inzidenzwert oder Sieben-Tage-Mittelwert sind, fragen sie ein Corona-Kind. Das kann zwar die Schnürlischrift nicht mehr, versteht Statistiken aber auch proportional und gewichtet.
  1. Online – und nicht am Gamen. Die Pandemie hat den Kindern gezeigt, dass man Handy und Laptop nicht nur zum Spielen und Chatten brauchen kann, sondern auch für Online-Unterricht, Lernvideos und Dokumenten-Sharing.
  1. Juhe, Schule! Dieser Kulturwandel ist tiefgreifend. Für Jahrzehnte galt: Wenn die Schule ausfällt, freut man sich. Der Lockdown und die je nach Corona-Glück in Serie absolvierten Quarantänen haben das umgekehrt: Die Corona-Kinder drücken täglich die Daumen, dass sie morgen noch zur Schule dürfen.

Lang, länger, ewig lang: Die Corona-Pandemie hört einfach nicht auf. Immerhin: Mit den weiteren Monaten im Viren-Modus wird – hoffentlich – auch die Liste der nützlichen Long-Covid-Skills noch um ein oder zwei Einträge länger.

Jakob Bächtold ist Vater von drei Töchtern und lebt in Oberwinterthur. Er schrieb über zehn Jahre lang die Familienkolumne «Spielplatz» für den «Landboten». Heute arbeitet er für die ZHAW und führt ein kleines Kommunikationsbüro für Texte und Moderationen und ist Papa-Blogger von kinderthur.ch