An einem schönen, sonnigen Tag streckte ein ganz junger Dachs, der das erste Mal das Sonnenlicht erblickte, seine Schnauze aus seinem bequemen Bau heraus. Die frische Luft durchströmte seine kleine Lunge. Er schnupperte und nahm die vielen Gerüche vom Wald wahr. Seine Mutter und sein Vater traten an seine Seite. Der kleine Dachs hieß Dachsi, die Mutter Hemma und der Vater Helmut. Er war leider ein Einzelkind, denn tragischerweise waren seine zwei Geschwister schon bald nach der Geburt gestorben. Als er sich umschaute, sah er vor sich eine große Tanne, die in den Himmel ragte. Dachsi schob sich zwischen seinen Eltern durch und rannte so schnell ihn seine Beine trugen zu der gigantischen Tanne. Dort blieb er erschöpft vom Rennen liegen und schlief schnell ein. Hemma und Helmut schlichen ganz leise zurück in den gemütlichen Bau und ruhten sich aus. Stunden später schreckte Dachsi auf, weil ein unheimliches Geräusch in seine Ohren drang. Das Jungtier schaute auf, entdeckte aber nichts. Also legte sich Dachsi wieder hin und nickte wieder ein. Ein paar Minuten später wachte er schon wieder auf, denn er hörte das Rascheln wieder, doch es war zu spät.

Der kleine Dachs sah gerade noch, wie eine Kiste über ihn gestülpt wurde und zuschnappte. Dachsi heulte und winselte herzzerreißend, in der Hoffnung, dass Hemma und Helmut ihn hörten. Dann trug ein Mann den schweren Käfig mit Dachsi darin zu einem Pickup. Dort angekommen erblickte der kleine Dachs nichts Schönes, nämlich sehr viele verschiedene, gefangene Tiere. Er überlegte, wie er wohl am besten abhauen könnte. Ganz plötzlich nahmen seine kleinen Ohren ein lautes Heulen war. Er schaute sich vorsichtig um. Erschrocken von dem Heulen japste das Jungtier auf. Dann erblickte Dachsi zu seinem Erstaunen einen jungen Wolfswelpen in seinem Alter. Erschöpft von der ganzen Aufregung ließ er sich langsam zu Boden sinken und schlief müde ein. Am nächsten Morgen wachte er ausgeschlafen auf. Vögel zwitscherten in der Morgensonne, in den Bäumen raschelte es und Grillen zirpten. “Für die freien Waldtiere”, dachte er traurig wegen seiner Gefangenschaft, ”hätte dieses Wetter die optimalen Bedingungen, um draußen zu spielen”. Ganz unerwartet überraschte ihn ein Gedanke an seine Eltern, die ihm erzählten, dass Leute illegal Jungtiere fingen und dann die Tiere wegen ihres flauschigen Felles töteten. Dachsi erschauderte, als er an diese wahre Erzählung dachte, denn bald würden ihm die Menschen das Fell über die Ohren ziehen. Sehnsüchtig dachte er an seinen vertrauten Bau, den er mit seinen Eltern teilte. Ganz unerwartet raschelte es neben ihm. Der kleine Dachs spähte vorsichtig durch die Gitterstäbe, die zu seinem Gefängnis gehörten. Da erblickte er den nett aussehenden jungen Wolf von gestern, der schüchtern fragte: ”Wie heißt du? Ich heiße Wolfi. Wurdest du auch von deinen Eltern weggenommen?” Dachsi erwiderte freundlich: “Mein Name ist Dachsi. Ja, ich wurde leider auch von meinen Eltern getrennt. Wie kommen wir hier bloß wieder raus?” Wolfi dachte angestrengt nach, da kam ihm etwas in den Sinn. “Ich könnte vielleicht mit meiner langen Kralle das Schloss knacken!“, rief er begeistert. Beide jubelten ausgelassen, jetzt mussten sie nur noch warten, bis die Menschen weg waren und sie ungestört das Schloss knacken konnten.

Schon eine Stunde später waren sie fertig mit der Planung und die Menschen waren weg, also der perfekte Zeitpunkt, um abzuhauen. Es war schwieriger als gedacht, das Schloss aufzubringen. Als sie jedoch nach langem Probieren erfolgreich frei waren, taten ihnen die anderen Tiere so leid, dass Wolfi und Dachsi die Anderen im Schnelltempo befreiten. Die zwei Jungtiere trommelten alle herbei, die sie befreit hatten. Beide waren stolz auf sich, dass sie dies geschafft hatten. Die zwei Helden erteilten die Befehle, dass alle ehemaligen Gefangenen nach Hause gehen sollten und anschließend mit den Eltern wieder hierher zurückkommen sollten, um sich zu rächen. Zustimmendes Gemurmel und Nicken stieg auf. Wolfi rief, als wäre er der große Anführer: “Also, geht los und pressiert!” Dachsi sah, wie sich die Lichtung rasch leerte. Glücklicherweise hatten sich beide den Weg eingeprägt, den der Tierfänger genommen hatte. Die zwei abenteuerlustigen Freunde traten auch den Heimweg, als sie allein waren. Zufälligerweise wohnten beide bei der majestätischen Tanne. Dachsi und Wolfi machten ab, dass sie sich nachher mit ihren Eltern hier bei dem riesigen Baum trafen. Nicht lange danach standen beide mit ihren Eltern, denen sie kurz alles erklärt hatten, vor der großen Tanne und rannten los.

Als sie ankamen, tummelten sich sehr viele Tiere auf der großen Lichtung. Der Vater von Wolfi rief laut über Platz: “Schön, dass ihr alle hier seid! Mein Sohn hat mir schon alle Ereignisse, die sich heute abgespielt hatten, erzählt. Ich bin gar nicht glücklich, dass die Menschen dies unseren armen Kindern antun. Also ich schlage vor, wie Dachsi und Wolfi es schon vorhatten, Rache zunehmen.”  Er erntete zustimmendes Gemurmel. Helmut trat vorsichtig auf einen gigantischen Stein, der in der Mitte der Lichtung in den wolkenlosen Himmel ragte. So laut, dass ihn alle gut hörten, verkündete er: “Ich habe schon eine Idee, wie wir uns rächen können, nämlich indem wir die Kabel vom Pickup zerbeißen, weil dann können sie nicht davonfahren. Optimalerweise glauben die Menschen an Geister und denken, es waren die Seelen von den Tieren, die sie getötet hatten und sie getrauen sich nicht mehr in den Wald. Also lasst uns loslegen!” Nicht lange danach standen die versammelten Tiere um das Auto, denn weit und breit war kein Mensch zu sehen. Alle Tiere machten sich eifrig ans Werk und genossen gleichzeitig die schöne warme Sonne. Alle machten das, was sie am besten konnten. Die einen Tiere zerfraßen die Kabel und die anderen hielten Ausschau nach den Leuten, die jeden Moment auftauchen könnten.

Schon bald waren sie mit ihrem Projekt fertig. Der Fuchs hörte schon von Weitem die Tierfänger und warnte die Waldtiere. Kaum waren sie in Sicherheit, sah man schon die Menschen durch das Dickicht, hinter dem sie saßen. Die Tiere hörten die Menschen fluchen, dass die Tiere abgehauen sind und sie endlich nach Hause zur Familie gehen müssen. Alle stiegen in den Pickup und wollten schon davonbrausen, als sie merkten, dass der Motor nicht lief. Sie beschlossen, das Gerät zu untersuchen und fanden die kaputten Kabel. Glücklicherweise hatten die Tiere keine Spuren hinterlassen. Die Männer diskutierten, ob es Geister wirklich gebe. Sie kamen zum Schluss, dass Gespenster tatsächlich existieren. Wolfis und Dachsis Plan war perfekt aufgegangen. Die Männer konnten nicht zur Polizei, denn sonst würde bei einem Verhör auskommen, dass sie illegal Tiere fingen, und dann würden sie hart bestraft werden. Die Waldtiere gingen fröhlich und jubelnd nach Hause. Bei der großen Tanne spielten Wolfi und Dachsi in der Abenddämmerung zufrieden Fangen, wohl wissend, dass die Tierfänger so schnell nicht mehr in den Wald kämen.