Gestern wären alle Waldwesen mit grosser Freude über den Regenbogen gerutscht. Da heute aber nicht gestern war, rannten sie in voller Verzweiflung, ihr Heim zu verlieren, durch den Wald. Ich, Knubbel das Waldmännchen aber, probierte Ruhe zu bewahren. Obwohl das schwer war angesichts der Lage, dass unser Wald gefällt werden sollte. Vielleicht sollte ich mal die alte Eiche um Rat fragen, die hat schon Vieles erlebt. Mit mulmigem Gefühl rannte ich los. Unterwegs fragte ich eine aufgeregte Gruppe Kobolde, in welcher Richtung die alte Eiche war. Diese schienen mich gar nicht zu hören, stattdessen antwortete eine junge Birke: «Immer nach links». Ich folgte der Wegbeschreibung und stand vor einem alten Baum. Das musste sie sein!!! «Hallo», sagte ich vorsichtig. Die alte Eiche erwiderte: «Guten Tag Waldmännchen. Ich weiss, warum du kommst und erzähle dir eine Geschichte:

Vor langer Zeit hat dieser Wald einem Müllerburschen gehört. Er war grosszügig und hatte unsere Existenz durch Zufall entdeckt. Er hütete den Wald bis zu seinem Tod. Der Wald wurde an den scheusslichen Miff Murr weitergegeben.» Die alte Eiche schloss die Augen. «Der Waldrat hat beschlossen, dass Kobold Streichschreck, Waldgeist Süüsel und Heinzelmännchen Blank sich als Mensch verkleiden. Zu dritt aufeinander stehend waren sie tatsächlich so gross wie ein Mensch. So gingen sie los, um mit Muff zu verhandeln. Den Wald bekamen sie leider nicht, aber sie konnten ihn mieten. In hundert Jahren tausend Goldstücke. Wenn sie nicht mehr leben würden, mussten die drei versprechen, dass ihre Nachfahren zahlen würden und so weiter. Sobald aber kein Gold mehr da wäre, würde der Wald abgeholzt werden. Zum Glück sind wir im Besitz einer Truhe, in der ein Goldstück Platz hat. Sobald man das Goldstück herausnimmt, verdoppelt es sich, und in der Truhe liegt wieder ein Goldstück. Nur haben wir jetzt den Schlüssel zur Truhe verloren.» Die Eiche seufzte und öffnete die Augen. «Die Legende sagt, der Schlüssel liegt auf einem mit Wald überwachsenen Berg.»

Ich bedankte mich bei der alten Eiche. Für mich war klar, ich musste den Schlüssel finden. Da der Berg mit Wald überwuchert war, konnte ich die Waldwesen dort um Hilfe bitten, dachte ich. So wanderte ich los auf der Suche nach dem Schlüssel. Ich musste den Wald nicht einmal verlassen, um auf den Berg zu kommen. Ich merkte nur, dass es bergauf ging. Ich staunte. Trolle waren an der Arbeit auf dem Berg – ich hatte noch nie Trolle gesehen. Schnell rannte ich zu den Trollen. «Ein Waldmännchen!», riefen diese begeistert. «Was führt dich her?» Ich erzählte ihnen meine Geschichte und sie verstanden die Lage sofort. Sie wussten zwar nicht, wo der Schlüssel war, aber sie konnten mich in die Schneegebiete führen. Ich nahm das Angebot dankend an, denn die Trolle würden es wissen, wenn der Schlüssel hier wäre. Die Trolle begleiteten mich bis zum Schneegebiet, selbst dort war noch Wald, aber einfach weniger dicht. Als ich wieder allein war, grub ich im Schnee, kletterte auf Bäume und durchforschte kleine Löcher im Felsen. Da sah ich eine RIESIGE HÖHLE. Ich ging hinein. Meine Schritte hallten durch die Höhle und mir lief ein kalter Schauer über den Rücken, als ich Skelette sah. Da hörte ich eine Stimme rufen: «Du Dieb!!!»

Ich drehte mich um. Hinter mir stand ein Yeti. «Du willst mich wohl bestehlen», schimpfte er weiter. Er packte mich und warf mich durch eine Falltür. Als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah ich als erstes einen Teddy, dahinter einen goldigen Schlüssel. Da war er also. Geschätzte zehn Minuten später schaute der Yeti, ob ich auch wirklich noch da war. Als er mich mit dem Teddy sah, wirkte er überrascht und sagte vor Freude weinend: «Mein Teddy, wo hast du ihn her?» Ich sagte ihm, dass ich ihn gefunden habe und der Yeti war so froh, dass ich einen seiner Schätze haben durfte. Ich nahm natürlich den Schlüssel. Der Abstieg war wesentlich leichter als der Aufstieg. Die Adler des Yetis trugen mich bis nach Hause über den Wald hinweg. In meinem Wald angekommen sagte ich allen, dass ich den Schlüssel gefunden habe. Man feierte mich. Und alle rutschten vergnügt über den noch immer am Himmel stehenden Regenbogen.