Jeden Freitagmorgen durfte ich meine Waldklamotten, die Wanderschuhe oder Gummistiefel anziehen. Der Rucksack, die Trinkflasche und selbstverständlich der Cervelat mit eingeritztem Namen durften auch nicht fehlen. Ich freute mich besonders darauf, eine Wurst über dem brutzelnden Feuer zu bräteln. Vor der Haustüre musste ich die Zeremonie des Mückensprays über mich ergehen lassen. Danach musste ich mich immer beinahe übergeben wegen diesem grässlichen Gestank. Ich konnte verstehen, dass mich die Mücken jetzt nicht mehr stechen wollten. Benebelt torkelte ich Richtung Kindergarten. Dort angekommen dauerte es eine Ewigkeit, bis es auch der Letzte in die Zweierreihe geschafft hatte. Sehr langsam, zu langsam, watschelten wir zum Eingang des Waldes.

Dort hatte es einen riesigen Torbogen aus dünnen Ästen. Mit einem Wattestäbchen durften wir goldene Farbe an eine bestimmte Stelle des Baumes, der als Türrahmen diente, auftupfen. Danach mussten wir jedes Mal bevor wir in den Wald traten, diese Stelle, welche eine Klingel darstellen sollte, drücken. Hinter dem Tor befand sich ein breiter Weg übersäht mit Wurzeln, auf dem sich viele Kinder die Füsse verstauchten. Ich jedoch hüpfte voller Freude über die Wurzeln und versuchte möglichst den Boden zu meiden. Trotzdem bin ich immer als Erster oben am Wegrand angekommen. Die Anderen kamen erst fünf Minuten später oben an und waren völlig ausser Puste.

Dieser Weg war ein Schotterweg und war oft von Nacktschnecken, Häuschenschnecken, Weinbergschnecken und sogar Tigerschnecken übersäht. Der Weg war etwas kurvig. Es kam noch eine Lichtung, bei der man links abbiegen musste und schon war man am Waldplatz. Da durften wir ein bisschen spielen. Manchmal hatte es geregnet. Dann war der Boden richtig matschig und es war schwer, ein Feuer für die Würste zu entfachen. Es dauerte oft ein Weilchen, bis die Leiterin das Feuer entfacht hatte. Danach schmissen wir die Würste auf den Outdoor-Grill. Abdullah durfte nie eine Wurst mitnehmen, weil er kein Schweinefleisch essen durfte. Deshalb musste er meistens hungern. Da er mir Leid tat, habe ich ihm immer die Hälfte meiner Wurst gegeben.

Am meisten gefiel es mir, dass wir immer viele Spiele, wie zum Beispiel Fangen, Verstecken oder auch eher ruhige Sachen wie zum Beispiel Eile mit Weile oder Uno spielten. Einmal, als es wieder mal geregnet hatte und alles matschig und dreckig war, sah ich eine spezielle Spur im Matsch. Sie war sehr tief und musste deswegen von einem schweren Tier stammen. Sie sah aus wie eine Hundespur, war aber grösser. Ich kenne nur ein Tier, welches im Wald lebt und aussieht wie ein grosser Hund. Nämlich der Wolf. Als ich meine Vermutung äusserte, brach Panik aus.

Die Einen versteckten sich, die Anderen rannten wild umher. Lisa kreischte, bis es einem das Trommelfell zerschmetterte, Janik griff sich ein Stock, um sich zu verteidigen und ich betrachtete die Spur noch länger. Dann fiel es der Lehrerin auf, dass die Kinder ängstlich waren und sie fragte, was los sei. Ich antwortete ihr: «Wir glauben, ein Wolf ist in der Gegend.“ Danach zeigte ich ihr den Abdruck. Es stellte sich heraus, dass es sich nur um den Hund eines Spaziergängers handelte. Dieser Hund war ein Schäferhund, welcher auch sehr schwer war. Das wussten wir, weil die Leiterin den Mann kannte, der dort öfters mit seinem Schäferhund spazieren ging. Beruhigt assen wir unsere Würstchen fertig und traten dann den Heimweg an. Per Zufall trafen wir dann den Hund sogar noch, von dem der Abdruck war und alle wollten ihn streicheln. Ich allerdings betrachtete seine Pfoten genauer. Sie sahen wirklich genau gleich aus wie der Abdruck im Matsch. Eine Ewigkeit später liefen wir weiter. Lange Zeit danach war ich zu Hause. Froh wieder daheim zu sein, liess ich mich aufs Sofa plumpsen und dachte über den Vorfall nach.

Ich erinnere mich heute noch gerne an dieses wahrhaftig witzige Ereignis und lache immer wieder über meine unabsichtlich fälschliche Aussage. Leider kann man heute nicht mehr diesen magischen Torbogen bewundern, weil dieser blöde Borkenkäfer den Wald verseucht hat. Deswegen musste der Wald abgeholzt werden, inklusive dem magischen Torbogen.

Damals…

Ich gehe heute noch gerne in den Wald, um mit meinen Freunden Spiele zu spielen. Nur schade, dass der Wald jetzt ziemlich nackt aussieht mit so wenigen Bäumen am Waldrand. Ich habe aber gehört, dass viele Kinder aus Winterthur tausend Bäume pflanzen wollen. Hoffentlich kommen sie auch bei dem Wald, von dem ich erzählt habe, bald vorbei.