Familienstess? Alltagsstress? Warum Meditation und Achtsamkeint die besten Mittel dagegen sind. Und vor allem, wie man dies in den hektischen und oft übervollen Alltag integrieren kann, erklärt uns Karin Brüll von Calmly. Dieser Blogbeitrag ist zuerst auf calmly.ch erschienen.
«Lebe im Jetzt. Geniesse den Augenblick. Sei achtsam und mitfühlend, meditiere täglich – so wirst du gesund und glücklich.» Solche oder ähnliche Kalenderweisheiten begegnen uns tagtäglich. Was ist dran an den Ratschlägen, fördern Achtsamkeit und Meditation tatsächlich langfristig unsere Gesundheit?
Das Erlebnis ist 10 Jahre her. Ich war frisch Mutter geworden und wenige Wochen zuvor auf die Ausschreibung dieses MBSR-Kurses gestossen: «Fühlen Sie sich unruhig und gestresst? Reduzieren Sie Ihr Stresslevel, gewinnen Sie Gelassenheit und Wohlbefinden.» Das hörte sich vielversprechend an.
Was ist MBSR?
MBSR steht für «Mindfulness-Based Stress Reduction» oder auf deutsch: achtsamkeitsbasierte Stressreduktion. Der amerikanische Molekularbiologe Jon Kabat-Zinn entwickelte das Programm vor über 30 Jahren an der University of Massachussets auf der Grundlage der buddhistischen Achtsamkeitsmeditation. MBSR ist ein achtwöchiger Kurs, in dem teilweise aus Hatha Yoga, Vipassana und Zen stammende, aufeinander abgestimmte Aufmerksamkeitsübungen und die Achtsamkeitsmeditation miteinander verbunden sind.
Achtsamkeitsmeditation ist der Ursprung aller buddhistischen Praxis. Sie ist eine der Kernpraktiken, die der Buddha selbst lehrte. 2500 Jahre später machte Jon Kabat-Zinn sie zum Kern von MBSR – eine weltliche Methode die unabhängig der Religion funktioniert.
Er hat die ursprüngliche Achtsamkeitspraxis nur wenig verändert. Was er vor allem angepasst hat, ist das Vokabular, mit welchem er sie erklärt. So hat er die Meditation als die Kultivierung eines achtsamen Gewahrseins etabliert und sie so allen Menschen zugänglich gemacht.
8 Wochen-Kurs mit Folgen
Nun sitze ich also da. Mit neun wildfremden Menschen, im Kreis, in einem Raum im benachbarten Quartierzentrum. Die Rosinenübung haben wir abgeschlossen. Wir praktizieren nun den Body Scan – eine Übung, bei welcher der Körper von den Füssen bis zum Scheitel aufmerksam wahrgenommen wird. Dafür dürfen wir uns hinlegen. Eine Wohltat. Ein MBSR-Kurs dauert wie erwähnt immer acht Wochen. So lange braucht es in der Regel, bis sich eine regelmässige Meditationspraxis etabliert hat. Jede Woche trifft man sich rund 2.5 Stunden und übt unter Anleitung einer ausgebildeten MBSR-Lehrerin oder MBSR-Lehrers.
Für daheim gibt es «Hausaufgaben». 45 Minuten Meditation jeden Tag. Ein Element nach dem anderen wird eingeführt und geübt. Die drei klassischen Säulen des Curriculums sind die Meditation im Sitzen, achtsame Körperübungen, sprich Yoga, und der sogenannte Body Scan. Nach der sechsten Sitzung praktiziert und vertieft man das Gelernte an einem Tag der Achtsamkeit, welcher im Schweigen stattfindet.
Dazu kommt das stetige Praktizieren von Achtsamkeit im Alltag – die informelle Praxis. Wie kann ich beim Kochen, Duschen, Spazieren oder Geschirr spülen ganz bei der Sache sein? Wahrzunehmen, wie sich das Geschirr anfühlt, das Wasser an den Händen, die Flasche mit dem Spülmittel, der Schwamm. Die Kunst ist ganz im Moment zu verweilen, statt im Kopf die nächste Einkaufsliste zu erstellen oder anstehende Termine zu planen.
Dieser Alltagstransfer hat mich so richtig überzeugt. Darum geht es doch eigentlich. Nicht um die 30 Minuten auf dem Kissen. Nein, um die 23.5 Stunden Alltag, die es daneben zu bewältigen gilt. Das pralle Leben mit Arbeit, Familie, Haushalt, Hobbies, Beziehungen, Bekanntschaften und Selbstfürsorge. Zuhause mit Kleinkind war das die Praxis, die für mich am besten klappte. Auch wenn das achtsame Wickeln mit allen Sinnen zur einer völlig neuen, sehr duftintensiven Erfahrung wurde.
Mit Achtsamkeit gegen den täglichen Wahnsinn
Doch was bringt es, eines nach dem anderen zu erledigen und das Multitasken zu reduzieren? Unser Körper kann enorme Mengen mentalen Stresses produzieren. Ganz egal, was objektiv passiert – der Geist macht es oft schlimmer. Natürlich kann Stress auch anregend wirken, uns zu Höchstleistungen anspornen. Aber Dauerstress durch Druck, Überforderung und Angst macht krank.
Meditation – meine Basis
Selten hat mich ein Kurs so nachhaltig geprägt wie dieser MBSR-Kurs. Ich meditiere heute regelmässig: mal im Sitzen, mal im Liegen, mal im Gehen. Ich habe über die Jahre verschiedenste Meditations-Formen und -Techniken ausprobiert – unter anderem Vipassana, Zen oder auch die yogische Tiefenentspannung Yoga Nidra. Regelmässig besuche ich längere Meditationsretreats – Auszeiten im Schweigen. Aktuell bilde ich mich zur MBSR-Leherin weiter, um zukünftig selber Kurse anbieten zu können.
Meine tägliche Meditationspraxis ist meine Basis, mein Fundament, auf welchem das Leben passiert und gedeiht. Natürlich hab ich keinen Vergleich wie es mir ohne Meditation ergangen wäre. Ich bin aber überzeugt, dass ich gestresster, weniger mitfühlend und weniger lebensfroh wäre.
MBSR-Kurs in Winterthur – 26. Oktober – 14. Dezember 2023
Für wen ist MBSR? Wer etwas für seine seelische Gesundheit tun oder einen besseren Umgang mit Schmerzen finden will, mit Esoterik oder Religion aber wenig anfangen kann, ist bei MBSR richtig. Das Programm basiert auf traditionellen Meditationstechniken, die standardisiert und wissenschaftlich auf ihre Wirksamkeit überprüft wurden. Der Fokus liegt auf der Schulung des Geistes.
Krankenkassen bezuschussen Kurse unter bestimmten Voraussetzungen. Schreib mir, wenn dich ein unverbindliches Vorgespräch interessiert. hello@calmly.ch
Karin Brüll ist die Gründerin von calmly.ch und lebt mit ihrer Familie in Winterthur. Als Gesundheitsberaterin und Kommunikationspezialistin richtet sie ihr Achtsamkeits- und Anti-Stress-Angebot an alle, die einen Weg suchen, um mehr Ruhe ins Leben zu bringen.