Dang dang dang dang – die Schulklingel läutete. Elea und ihre beste Freundin Dina gingen in die Pause. Elea war eine etwas pummelige Brünette. Sie hatte strahlend blaue Augen und ein unvergessliches Lächeln. Dina war auch brünett, nur mit dem kleinen Unterschied, dass sie etwas dünner war und haselnussbraune Augen und kein unvergessliches Lächeln hatte. «Endlich Pause, da drin war mir es echt zu stickig. Da hat man ja kaum noch Luft bekommen», sagte Elea. Dina stimme ihr mit einem Nicken zu und antworte: «Ja, und Frau Pointshiter hat wohl auch nichts Besseres zu tun, als an allen rumzupöbeln.» Eigentlich hiess sie Wellsch zum Nachnamen, aber das passte nicht so, fanden die Schüler, und sagten ihr darum hinter dem Rücken Frau Pointshiter.

Die beiden, also Elena und Dina, gingen noch ein bisschen den Pausenhof entlang und sprachen halt über Sachen, die 7.-Klässler so sprachen, was ich als Autorin selbst nicht weiss, weil ich erst in der 6. Klasse bin. Als es wieder einklingelte, hatten sie noch eine Lektion bei Frau «Wellsch» Pointshiter. Das Klassenzimmer hatte gelbe Wände, die sehr viel Wärme ausstrahlten, und hinten an der Wand orange Einbauschränke. Links von der Tür war das orange Waschbecken, vis-à-vis waren die ganzen Fenster bis zu den orangen Einbauschränken. Im Raum waren so Vierertisch-Grüppchen, wo man zu viert am Tisch sass. Die Tische waren versetzt zur Wand. Es gab fünf so Vierergruppen. Elea war an der vordersten Tischgruppe neben Magali. Sie hatte blondgelockte Haare und grüne Augen, die schwarz gesprenkelt waren. Sehr schön! Aber der Schein trog. Sie war eine eingebildete Zicke. Aber alle Jungs standen auf sie. Das verstanden Elea und Dina nicht. Dina sass schräg vis-à-vis von Elea. Aber weiter zur Einrichtung. Nach dem Waschbecken hatte es eine Ecke nach links, also zu dem Fenstern. Bei dieser Wand war die Wandtafel, welche man nach oben und unten schieben konnte. Dahinter war ein Visualizer.

Deutsch, Eleas Lieblingsfach! Nein, ganz im Gegenteil, sie hasste Deutsch. Sie hasste Frau Pointshiter. Sie hasste gerade alles und jeden. Darum sass sie auch demotiviert am Tisch und zog eine Schnute. Dina sah sie mit einem Blick an, welcher so viel heissen sollte wie: «Benimm dich jetzt, sonst hast du richtig Ärger mit Frau Pointshiter.» Elea tat so, als würde sie nichts verstehen, und zuckte mit der Schulter. Dann fing Elea an zu denken: «WAS WÄRE, WENN ES keine Meinungsfreiheit gäbe in der Schweiz, sondern wir in einer Diktatur leben würden. Dann wäre sehr wahrscheinlich ein Mann an der Macht und alle müssten nach seinem Zeigestock tanzen. Dann könnte aber auch gerade so gut Frau ‚Wellsch‘ Pointshiter an der Macht sein», dachte Elea und schaute kurz auf und dachte: «Naja, sooo … ist sie ja auch nicht.» Dieser Diktatur-Mann hätte wahrscheinlich schneeweisse Haut wie Schneewittchen und blaue kalte Augen. Dann wären wir wahrscheinlich noch im Mittelalter. Es könnte aber auch so eine Frau wie Jeanne d’Arc an der Spitze sein und die Schweiz durch alle Krisen geschickt durchbalancieren. Diese Frau hiess dann Elea, so wie sie, und würde rote Locken haben und schwarze Augen.

Eleas Augen guckten kurz zur Wandtafel, wo Frau «Wellsch» Pointshiter mit ihrem Zeigestock auf irgendwelche Wörter zeigte, welche Elea aber nicht verstand. Also dachte sie weiter: «WAS WÄRE, WENN es keinen Krieg gäbe? Dann würde es das Wort ‚Flüchtling‘ nicht geben, weil ja niemand flüchten müsste. Es gäbe auch keine Flüchtlingshäuser. Das wären dann normale Wohnungen wahrscheinlich. Aber es würde auch nicht so eine Kulturenvermischung geben. Das wäre dann schade, weil wir dann kein Verständnis hätten für Frauen mit Kopftuch. Das haben die einen Leute heute noch nicht, aber ja.»

«Elea, was bedeutet das?» Frau «Wellsch» Pointshiters Stimme drang in ihren Kopf. «Ähm, ich ich ähm.»
«So lautet die Antwort nicht Madame, besser aufpassen statt tagträumen.»
«Ja, ja klar, tut mir leid», sprach Elea. «Ja, das sollte dir auch leidtun», antwortete Frau «Wellsch» Pointshiter schnippisch zurück. Mehr hörte Elea dann auch nicht mehr, weil sie wieder am Tagträumen war, wie es ihre ach so nette Lehrerin ausdrückte.
Also schnell zu Eleas Tagträumerei: «WAS WÄRE, WENN es keine Texte und Buchstaben gäbe?»

Sorry, ich als Autorin schalte mich kurz ein. Es würde diesen Text gar nicht geben, weil es den Wettbewerb nicht gäbe. Aber zurück zu Elea und was sie denkt: «Erstens, sie müsste nicht hier sitzen im Deutsch, weil es das gar nicht gäbe.» Bei diesem Gedanken musste sie gerade etwas schmunzeln. «Es gäbe aber auch keine Plakate mehr vom WWF oder Greenpeace, das wäre wiederum schlecht für die Umwelt. Würde es dann überhaupt die Sprache geben? War zuerst die Sprache oder die Schrift?»
«Elea, Elea, die Stunde ist vorbei», sprach Dina. «Echt, puh», antwortete Elea und sah gerade noch den Rockzipfel von Frau «Wellsch» Pointshiter.