Es gab einmal einen sagenumwobenen Ort. Die Welt der Gegensätze …

Dieser magische Ort bestand nur aus einer Insel, einer sehr kleinen. Auf der Insel gab es gerade genug Platz für dreissig Personen, einen König, eine Prinzessin und achtundzwanzig Untertanen. Einige hatten kleine Läden und es gab auch ein Restaurant, das eine Brise von Gegensatz hiess. Diese kleine Insel hatte vier Tore. Eines ging nach Osten, eines nach Westen, eines nach Süden und eines nach Norden. Wenn man durch eines der Tore ging, war man plötzlich das völlige Gegenteil von sich selbst. Wenn man also traurig war und durch eines der Tore ging, war man plötzlich glücklich.

In manchen Situationen war das ganz nützlich, zum Beispiel, wenn ein Bösewicht einen verfolgte und wenn der Bösewicht durch das Tor ging, war er plötzlich ganz harmlos. Doch wegen ihrer Magie suchten sehr viele diese Insel… Darunter waren leider auch viele finstere Gestalten. Doch da hatten die Bewohner der Insel einen kleinen Vorteil, denn die Insel war nämlich so leicht, dass sie auf der Meeresoberfläche von einem Ort zum anderen trieb, deshalb fand sie bis heute auch niemand.

Doch man war sich sicher: Eines Tages würde jemand die Insel finden. Dieser jemand war hoffentlich ein guter Mensch. Ab und zu kam es auch vor, dass die kleine Insel mit einer grösseren zusammenstiess. Man muss nämlich wissen, es gab mehrere solcher Inseln. Sie alle waren verschieden wunderlich. Es gab zum Beispiel eine Insel, die einem alle seine Wünsche erfüllte, und eine andere verwandelte einen in einen Emoji, der der Stimmung von jedem Menschen entsprach. Wie man sieht, die ganze Welt steckt voller Wunder…

Und jetzt zu der Geschichte, die sich vor vielen Jahren auf der Insel der Gegensätze zugetragen hatte.

Eines schönen morgens, als Prinzessin Lia gerade aufgestanden war und zum Frühstückstisch geeilt war, sass der Vater ganz in Gedanken versunken da. Die Prinzessin fragte nach, was los sei. Der Vater meinte, dass sich zeitnah etwas Schlimmes zutragen würde, und dass es ihm sehr viel Kopfzerbrechen bereitete. «Aber Vater, was wird denn geschehen?», fragte Lia nach. Der Vater antwortete: «Schon bald wird unsere Insel mit grösserem Festland zusammenstossen… Ich werde später ein Inseltreffen einberufen, um mich mit den Inselältesten zu beraten.» Und das tat er. Die Prinzessin allerdings schloss sich in ihrem Zimmer ein und überlegte, probierte und tüftelte. Niemand hatte zu dieser Zeit Zutritt zum Zimmer der Prinzessin. Mit jedem Tag wurde dem König unwohler. Sein Kopf hatte vom vielen Nachdenken schon eine kleine Delle, denn der König kratzte sich stehts am Kopf, wenn er dachte. Und mit jedem Tag wurde der Lärm aus Lias Zimmer lauter und unerträglicher. Man musste sich als Untertan natürlich wundern, was da vorging. So versuchten viele Bewohner der Insel, irgendwie an Informationen zu kommen. Die Art, wie sie es versuchten, war schier zu einer Comedy-Show geworden. Einige versuchten, Tiere als Spione zu dressieren, andere versteckten Minikameras im Essen der Prinzessin. Natürlich ging das nach hinten los.

Endlich! Nach viereinhalb Tagen Warten schrie es aus Lias Zimmer: «Heureka! Ich habe es geschafft!» Der König liess sofort eine Inselsitzung einberufen. «Vater, hol sofort die stärksten Frauen und Männer der Insel.» Zehn Minuten später rollten die Inselstärksten vier grosse Magnete über den Inselplatz. «Meine Prinzessin», sagte der Vater, «willst du uns erklären, was das ist und soll?» – «Also, das sind vier Magnete. Magnete ziehen bekanntlich andere Dinge an. Wenn wir sie allerdings durch die Tore rollen, stossen sie sich von allem ab», erklärte Lia. Der König fing an zu verstehen: «Du meinst, wenn wir sie danach an den Inselseiten befestigen, werden wir uns in Zukunft von anderen Inseln, egal ob Festland oder nicht, abstossen», beendete er die Erklärung. «Ganz genau!» Da brach das Volk in Jubel aus: «Hurra!» und «Wir sind gerettet!» und «Hoch lebe Prinzessin Lia!» Sie taten, was Lias Idee war, und rollten sogleich die Magnete durch die Tore. Dort wurden sie an der Insel befestigt. Der König, die Prinzessin und die achtunddreissig Untertanen waren gerettet.

Da sieht man mal, dass die besten Ideen von Frauen kommen. Am Abend gab es ein grosses Fest, und sie feierten noch bis spät in die Nacht. So lebten sie bis an ihr Lebensende. Und wer weiss, vielleicht gibt es diese Insel ja auch heute noch?